Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB)

Was bedeuten die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung?

Die Grundlage für die Aufzeichnung der Geschäftsfälle bilden neben gesetzlichen Vorschriften vor allem die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB).

GoB: Definition

So bestimmt § 195 UGB grundlegend für alle Unternehmen:
Der Jahresabschluss hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen. Er ist klar und übersichtlich aufzustellen. Er hat dem Unternehmer ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln.

Diese Generalklausel für alle Unternehmen wird für Kapitalgesellschaften noch um ein möglichst getreues Bild der Finanzlage ergänzt (§ 222 Abs. 2 UGB).
In gesetzlichen Bestimmungen wird mehrfach auf die GoB verwiesen, der Begriff wird aber nirgends definiert. Die Bestimmungen des UGB in der geltenden Fassung schreiben die wesentlichen, bereits früher anerkannten Grundsätze explizit vor. Dennoch sind auch die gesetzlichen Regelungen interpretationsbedürftig, da sie nicht sämtliche wirtschaftlichen Sachverhalte erfassen können (auch wenn dies gewollt wäre). Das UGB kommt nicht umhin, unbestimmte Gesetzesbegriffe (wie z. B. „angemessen“ oder „wesentlich“) zu verwenden, die im Einzelfall unter Zuhilfenahme der GoB mit Inhalt auszufüllen sind. Es gibt auch einige Grundsätze, die zwar als GoB anerkannt, aber nicht explizit gesetzlich geregelt sind.

Jahresabschluss

Der Jahresabschluss (= Bilanz im weiteren Sinn) umfasst nicht nur die Darstellung des Vermögens- und des Kapitalaufbaues (Bilanz im engeren Sinn), sondern auch die Gewinn- und Verlustrechnung (Erfolgsbilanz, Erfolgsrechnung, Aufwands- und Ertragsrechnung) und bei den Kapitalgesellschaften auch den Anhang zum Jahresabschluss.

 Auch internationale Rechnungslegungsgrundsätze basieren auf ähnlichen Grundsätzen. In der US-amerikanischen Rechnungslegung gibt es Statements of Financial Accounting Concepts (SFAC), bei den IFRS das Rahmenkonzept (Conceptual Framework), die Grundsätze der Rechnungslegung enthalten.
Früher wurden meist die induktive und die deduktive Methode verwendet, um GoB zu gewinnen. Bei der induktiven Methode wird aus dem Verhalten des ordentlichen Unternehmers auf die GoB geschlossen. Das Problem ist freilich, dass auch ordentliche Unternehmer Eigeninteressen haben, die von den Zielen der Gesetze abweichen können. Bei der deduktiven Methode werden die GoB aus den Zwecken der Rechnungslegung abgeleitet. Da diese aber nicht hinreichend klar ersichtlich sind, ist auch diese Methode problematisch. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten GoB kodifiziert sind, bietet sich als Methode die juristische Auslegung nach Maßgabe der sonstigen gesetzlichen Vorschriften an (verstehende ganzheitliche Methode; Hermeneutik). Die einzelnen Auslegungsmethoden gehen dabei vom Wortlaut oder Wortsinn des Gesetzes, dem Bedeutungszusammenhang, von der Absicht des Gesetzgebers, die auch aus der Entstehungsgeschichte hervorgeht, sowie letztlich auch von betriebswirtschaftlichen Gesichts- punkten aus; sie sind gemeinsam zur Interpretation der GoB heranzuziehen.
Entsprechend wird die folgende Darstellung der GoB nach formellen und materiellen Grundsätzen gegliedert. In der Literatur finden sich andere, zum Teil tiefer gehende Gliederungsvorschläge. Das Rahmenkonzept des IASB enthält vergleichbare Grundsätze, die wiederum etwas anders gegliedert sind.

GOB:Formelle Grundsätze

Die formellen GoB sollen sicherstellen, dass die Aufzeichnungen in den Büchern vollstän- dig, systematisch und zuverlässig vorgenommen werden. Dies dient vor allem Dokumen-

Die formellen GoB sind in den §§ 190, 193, 194, 212 und 216 UGB sowie für steuerliche Zwecke in den §§ 131 und 132 BAO kodifiziert.

Die Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache zu führen, Abkürzungen, Zahlen, Buchstaben und Symbole müssen in ihrer Bedeutung festliegen (§ 190 Abs 2 UGB). Der Jahresabschluss ist in Euro und in deutscher Sprache aufzustellen (§ 193 Abs 4 UGB).

Grundsätzlich müssen die Bücher so geführt werden, dass sich ein sachverständiger Dritter innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Geschäftsfälle und über die Lage des Unternehmens verschaffen kann. Die Geschäftsfälle müssen sich ent- sprechend verfolgen lassen (§ 190 Abs 1 UGB). Die Eintragungen in die Bücher und die sonstigen erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden (§ 190 Abs 3 UGB).

  • Vollständigkeit erfordert, dass sämtliche Geschäftsfälle erfasst werden und alle Posten im Jahresabschluss enthalten sind (§ 196 Abs. 1 UGB). Aus dem allgemeinen Vollständigkeitsgrundsatz folgt die Bilanzidentität (§ 201 Abs. 2 Z 6 UGB): Die Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahres muss mit der Schlussbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahres übereinstimmen, andernfalls wären nicht alle Geschäftsfälle erfasst worden (Ausnahmen bedürfen einer besonderen gesetzlichen Regelung, wie z. B. das Schulringeröffnungsbilanzgesetz, das zum 1.1.1953 eine Wertanpassung ermöglichte).
     
  • Richtigkeit - Richtig sind die Eintragungen dann, wenn sie dem Gesetz entsprechen; die Forderung nach der Wahrheit der Aufzeichnungen würde zu weit gehen, da sie zumindest zweck- abhängig und nicht absolut ist. Die Bewertung soll willkürfrei vorgenommen werden, d. h. es muss erkennbar sein, dass das Unternehmen seine Bilanzierung auf bestimmte Annahmen gründet. Diese müssen nachvollziehbar sein. Dies betrifft insbesondere die Nutzung von impliziten Spielräumen (z. B. bei der Bewertung von Rückstellungen).
     
  • Zeitgerechtigkeit -  Das Erfordernis zeitgerechter Eintragungen soll sicherstellen, dass die Bücher immer auf dem laufenden Stand der Dinge sind, es dient auch der besseren Erreichbarkeit der Vollständigkeit.
     
  • Geordnetheit - Die Eintragungen sind schließlich geordnet vorzunehmen, sowohl was die zeitliche als auch die sachliche Ordnung betrifft.
     
  • Beleggrundsatz - Zur Sicherstellung dieser Anforderungen kommt der Beleggrundsatz zum Tragen: Keine Buchung ohne Beleg. Grundlage jedes Geschäftsfalles ist ein Beleg oder Handelsbrief. Die Belege führen zu Eintragungen in die Bücher. Die Wichtigkeit von Belegen ist beispielsweise bei Bankgeschäften deutlich zu erkennen: Geldtransaktionen werden dort typischerweise erst nach der Belegerstellung durchgeführt.

    Belege beurkunden die getätigten Geschäfte und dienen als Beweis im Falle rechtlicher Ansprüche aufgrund dieser Geschäfte. Solche Ansprüche können z. B. Rechtsstreitigkeiten aufgrund vertraglicher Gewährleistungspflichten oder Haftungen sein. Aber auch steuerliche Auswirkungen knüpfen an das Vorliegen von Belegen an. So kann etwa die Umsatzsteuer, die von anderen Unternehmen für Leistungen in Rechnung gestellt wird, nur aufgrund einer – den Vorschriften des § 11 UStG entsprechenden – Rechnung als Vorsteuer vom Finanzamt zurückgefordert werden.

    Belege werden nach der Herkunft in externe und interne Belege geteilt. Externe Belege entstehen durch Außenbeziehungen des Unternehmens. Es sind dies Rechnungen, Quittungen, Kassenzettel oder Kontoauszüge, aber auch elektronische Belege (wie Handelsdaten auf Basis von Electronic Data Interchange, EDI); das Signaturgesetz ermöglicht einen zusätzlichen Beweis der Echtheit von elektronischen Dokumenten. Interne Belege werden vom Unternehmen selbst erstellt und verbleiben im Unternehmen. Als solche gelten z. B. Inventuraufzeichnungen, Buchungsanweisungen und Materialentnahmescheine.

    Gemäß § 212 UGB gilt für Belege genauso wie für alle Bücher und Aufzeichnungen über Geschäftsfälle eine Aufbewahrungsfrist von mindestens sieben Jahren. Diese Frist beginnt am Ende des Kalenderjahres, für das die letzte Eintragung in die betreffenden Bücher und Aufzeichnungen vorgenommen wurde. Es ist daher notwendig, den Belegfluss und die Ablage entsprechend zu organisieren (z. B. Verweistechnik von Buchung und Beleg).

  • Zuverlässigkeit - Die Zuverlässigkeit des Rechnungswesens wird durch ein zur Größe des Unternehmens passendes internes Kontrollsystem (IKS) gewährleistet.
     

Ordnungsmäßigkeit der Buchführung - Die Verbuchung von Geschäftsfällen muss in chronologischer Reihenfolge und in systematischer Gliederung auf entsprechenden Konten erfolgen. Die chronologische Reihenfolge wird durch Eintragungen in das Grundbuch bzw. Journal sichergestellt. Die systematische Gliederung erfolgt im Hauptbuch. Das Hauptbuch besteht aus den einzelnen notwendigen Konten und ist damit das eigentliche Kernstück der Buchführung. Ergänzt wird es durch die sogenannten Nebenbücher. Bei diesen handelt es sich um folgende Bücher:

  • Kassabuch,
  • Wareneingangsbuch,
  • Anlagenbücher,
  • Lagerbücher,
  • Kunden- und Lieferantenbücher,
  • sonstige Hilfsbücher.

Ein Buchungssatz auf einem bestimmten Konto enthält typischerweise die folgenden Informationen: Bezeichnung der lückenlosen Blattfolge, Einzelbeträge und Summen nach Soll und Haben, Belegverweis, Buchungsdatum (Belegdatum, Journalverweis oder andere Indizierung), Buchungstext, Gegenkonto, Umsatzsteuercode, Skonto und viel- fach auch eine Angabe der Kostenstelle. Bei Sammelbuchungen muss jederzeit auf die einzelnen Detailinhalte zurückgegriffen werden können.

Die Eintragungen und Aufzeichnungen müssen in ihrer Entstehung nachvollziehbar sein; eine nachträgliche Änderung darf nicht auf solche Weise erfolgen, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr sichtbar ist (§ 190 Abs. 4 UGB). Dies wird humorvoll „Radierparagraf“ genannt; heute findet diese Regelung aber eher auf Tabellenkalkulationsprogramme Anwendung.

Während in früheren Zeiten physisch Bücher geführt wurden, erfolgt die Buchführung heute praktisch ausschließlich mittels EDV. Dies erfordert technische, organisatorische und dokumentarische Maßnahmen, die im Folgenden kurz dargestellt sind.

Nähere Details regelt § 131 BAO für die Steuerpflicht; weitere Empfehlungen sind im Fachgutachten KFS/DV 1 „Ordnungsmäßigkeit von IT-Buchführungen“ enthalten.

Für die formelle Ordnungsmäßigkeit der EDV-Buchführung genügt die jederzeitige Ausdrucksbereitschaft innerhalb angemessener Frist (§ 216 UGB). Nur bei Bedarf, z. B. im Rahmen einer Abschluss- oder Betriebsprüfung, müssen Speicherinhalte vom Unter- nehmen auf seine eigenen Kosten visuell lesbar gemacht werden. Dazu sind Vorkehrungen zur Datensicherung vorzunehmen. Sicherheitseinrichtungen (z. B. Passwörter und Verschlüsselungen) können auf Zugriffsberechtigungen abgestimmt werden.

Da der Grundgedanke der Ordnungsmäßigkeit in der Rekonstruierbarkeit der Abläufe liegt, sind die verwendeten Programme in einer zeitlichen Übersicht über ihren Einsatz zu dokumentieren (Verarbeitungsprotokolle). Dies ist etwa bei Anwendung eines Tabellenkalkulationsprogramms nur schwer sicherzustellen. Die gesamte Dokumentation ist mit den Belegen oder den Datenträgern mit Belegfunktion innerhalb der gesetzlichen Frist aufzubewahren. Es ist auch ein angemessenes internes Kontrollsystem (IKS) einzurichten.

Buchführungssoftware ist in der Lage, bestimmte Buchungen automatisch zu generieren. Beispielsweise kann bei Rechnungen die Umsatzsteuer oder die abzugsfähige Vor- steuer automatisch verbucht werden. Am Ende jedes Monats können die Saldierung, die Umbuchung auf das Zahllastkonto und der Ausdruck der Umsatzsteuervoranmeldung selbständig erfolgen. Bei der Eingabe von Daten können gleichzeitig Plausibilitätsprüfungen vorgenommen werden.

Die Buchführung ist ein wesentlicher Bestandteil der im Unternehmen verfügbaren Informationen. Integrierte Softwarelösungen vernetzen diese Informationen mit anderen Systemen, etwa der Materialwirtschaft, der Anlagenwirtschaft, der Instandhaltung, dem Qualitätsmanagement, der Produktionsplanung und dem Controlling. Eine gemeinsame Plattform verschiedener Datenbasen im Unternehmen erfolgt etwa durch Data-Warehouse-Konzepte.

 

Die materiellen GoB beziehen sich auf den Inhalt des Jahresabschlusses und damit direkt auch auf den Inhalt der Bücher insgesamt. Sie umfassen neben den nachfolgenden Rahmengrundsätzen Gliederungs-, Ansatz- und Bewertungsgrundsätze.
Ein Abweichen von diesen Grundsätzen ist nur zulässig, wenn besondere Umstände vorliegen und es dazu beiträgt, dass der Jahresabschluss besser imstande ist, ein möglichst getreues Bild der Lage des Unternehmens zu vermitteln (Generalklausel) (§ 201 Abs. 3 UGB). Kapitalgesellschaften müssen im Fall einer Abweichung Angaben über die Begründung und die Auswirkungen machen.

  • Stichtagsprinzip - Die Aufstellung des Jahresabschlusses unterliegt dem Stichtagsprinzip (§ 201 Abs. 2 Z 3 UGB). Bei der Erstellung des Jahresabschlusses sind alle Informationen zu berücksichtigen, die sich auf das abgelaufene Wirtschaftsjahr beziehen, auch wenn sie erst zwischen Abschlussstichtag und Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt werden (Wertaufhellung, § 201 Abs. 2 Z 4 lit b UGB). Wertbegründende Ereignisse, die nach dem Abschlussstichtag stattfinden, sind nicht zu berücksichtigen. Sind sie jedoch von wesentlicher Bedeutung, ist eine Angabe im Lagebericht erforderlich.
     

    Beispiel - Der Abschlussstichtag eines Unternehmens ist der 31.12.20X1. Am 20.1.20X2 wird bekannt, dass ein ausländischer Kunde völlig überraschend am 28.12.20X1 in Konkurs gegangen ist. Die betreffende Forderung ist bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr abzuwerten. Wäre der Kunde erst am 15.1.20X2 in Konkurs gegangen, dürfte dies im alten Jahresabschluss nicht berücksichtigt werden (soweit bis zum 31.12.20X1 keine Insolvenzgefährdung erkennbar war). Handelt es sich dabei um einen wesentlichen Verlust, sind allerdings im Lagebericht Informationen darüber zu geben.


     
  • Wirtschaftliche Betrachtungsweise - Im Jahresabschluss sind die Posten unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts des betreffenden Geschäftsvorfalls zu bilanzieren und darzustellen (wirtschaftliche Betrachtungsweise, substance over form) (§ 196a Abs. 1 UGB, § 21 BAO). Danach ist für die Bilanzierung nicht nur auf die rechtliche Gestaltung, sondern auch auf deren wirtschaftlichen Gehalt abzustellen.
    Dieser Grundsatz soll verhindern, dass Unternehmen durch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten eine bestimmte Bilanzierung durchsetzen können, die den tatsächlichen Gegebenheiten zuwiderläuft. Das Steuerrecht sieht diesbezüglich auch noch einen eigenen Missbrauchstatbestand vor (§ 22 BAO). Abgesehen von der Erfassung von Scheingeschäften oder Treuhandgeschäften führt die wirtschaftliche Betrachtungsweise z. B. dazu, dass bei Finanzierungsleasing ein Vermögensgegen- stand bilanziert wird, obwohl das Unternehmen rechtlich nicht Eigentum daran hat, wenn es aber faktisch darüber wie ein Eigentümer verfügen kann. Es kann aber auch dazu führen, dass ein Vermögensgegenstand nicht ausgebucht wird, obwohl er formal verkauft wird, wenn das Unternehmen weiterhin die Chancen und Risiken trägt (z. B. unechtes Factoring) oder den Gegenstand zurückkaufen muss.
     
  • Wesentlichkeit - Der Grundsatz der Wesentlichkeit wird im UGB wie folgt definiert: Eine Information ist wesentlich, „wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ihre Auslassung oder fehlerhafte Angabe Entscheidungen beeinflusst, die Nutzer auf der Grundlage des Jahres- oder Konzernabschlusses treffen“ (§ 189a Z 10 UGB). Das Gesetz gibt keine quantitativen Kriterien vor. In der Praxis werden zur Beurteilung der Wesentlichkeit verschiedene Kriterien herangezogen, wie ein Prozentsatz bezogen auf das Jahresergebnis oder die Bilanzsumme, die Größe oder bestimmte Eigenschaften eines Postens oder die Höhe eines sich durch Nichtanwenden einer Anforderung ergebenden Fehlers. Die Wesentlichkeit gilt grundsätzlich sowohl für Bilanzierung und Bewertung als auch für Darstellung und Offenlegung. Das UGB nimmt jedoch an einigen Stellen direkt auf Wesentlichkeit Bezug, wie z. B. beim Ansatz von Rückstellungen (§ 198 Abs. 8 Z 3 UGB), der Anwendung von Bewertungsvereinfachungen (§ 209 UGB), bei bestimmten Konsolidierungen (z. B. § 249 Abs. 2, § 255 Abs. 2, § 256 Abs. 2 UGB) und bei der Gliederung des Jahresabschlusses (§ 223 Abs. 6 Z 1 UGB).
     
  • Gliederungsgrundsätze - Es ist nicht zulässig, Posten der Aktivseite mit solchen der Passivseite bzw. Aufwendungen mit Erträgen zu saldieren (Bruttoprinzip; § 196 Abs. 2 UGB). Eine Ausnahme ist die zulässige offene Saldierung von Vorräten mit Anzahlungen von Kunden für entsprechende Aufträge. Diese Saldierung führt zu einer Bilanzverkürzung.

    Für Kapitalgesellschaften bestimmt § 223 Abs. 1 UGB eine formelle Stetigkeit (formelle Bilanzkontinuität). So muss die Form der Darstellung im Jahresabschluss beibehalten werden, insbesondere um die Vergleichbarkeit der Werte über die Jahre zu erlauben. Allfällige Abweichungen sind zu begründen. Der Grund für diese Regelung ist der unterschiedliche Adressatenkreis. Für alle anderen Unternehmer gilt dagegen nur, dass die Posten gesondert auszuweisen und aufzugliedern sind. Daraus lässt sich keine so umfassende formelle Stetigkeit ableiten, wie sie für Kapitalgesellschaften gilt.

  • Ansatzgrundsätze - Die Bücher und vornehmlich auch der Jahresabschluss müssen sämtliche Vermögensgegenstände, Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge enthalten, soweit gesetzliche Vorschriften nichts anderes b stimmen (§ 196 Abs. 1 UGB). Die Bilanzierungsfähigkeit richtet sich danach, ob mit einer Ausgabe ein aktivierungsfähiger bzw. mit einer Einnahme ein passivierungsfähiger Gegenwert erworben wurde. Aus der Bilanzierungsfähigkeit folgt im Allgemeinen auch die Bilanzierungspflicht (Vollständigkeit).

    Die Begriffe „Vermögensgegenstand“ und „Verbindlichkeiten“ sind unternehmensrechtlichen Ursprungs. „Wirtschaftsgut“ entstammt der steuerrechtlichen Terminologie, wobei es aktive und passive Wirtschaftsgüter gibt. Unterscheidungen zwischen diesen Begriffen sind strittig. Im Allgemeinen kann aber von einer weitgehenden Angleichung ausgegangen werden. In den IFRS wird der Begriff „Vermögenswert“ verwendet, der sich inhaltlich wiederum etwas unterscheidet.

    Voraussetzungen für die Aktivierungsfähigkeit (und idR Aktivierungspflicht) sind ein künftiger Nutzen für das Unternehmen, die Greifbarkeit bzw. Übertragbarkeit und die selbständige Bewertbarkeit. Die Passivierungsfähigkeit (und -pflicht) besteht für alle rechtlichen oder wirtschaftlichen Verpflichtungen, die künftig (zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit) eine Vermögensminderung bewirken werden. Die Verpflichtung muss ebenfalls tatsächlich erfassbar und selbständig bewertbar sein.

    Nicht für alle Sachverhalte ist diese Abgrenzung so eindeutig, wie sie vielleicht klingen mag. Ein Beispiel sind Ausgaben für die Instandhaltung von Maschinen. Bilanzierungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn die getätigten Ausgaben die Wesensart der Maschine ändern, also z. B. zu einer Erweiterung der ursprünglichen Nutzungsdauer oder einer wesentlichen Verbesserung führen (Herstellungsaufwand). Ist dies nicht der Fall, wie z. B. bei Wiedereinsetzung oder Erhaltung der Maschine in ordnungsmäßigem Zustand (Reparatur, Wartung), sind die damit verbundenen Ausgaben sofort als Aufwand und damit gewinnmindernd zu verbuchen (Erhaltungsaufwand).

    Besonders problematisch ist die Beurteilung der Aktivierungsfähigkeit immaterieller Vermögensgegenstände. Immaterielles Vermögen umfasst Gegenstände ohne physische Substanz, wie Patente, Lizenzen, Software, Filme, Kundenlisten, Importquoten, Franchiserechte, Know-how, Prozessinnovationen und vieles mehr. Diese Gegenstände können selbst erstellt oder von Dritten erworben werden. Der Einzelerwerb eines immateriellen Vermögensgegenstandes wirft im Allgemeinen keine besonderen Bilanzierungsfragen auf, weil die Kriterien durch den Erwerb manifestiert sind. Wird immaterielles Vermögen allerdings selbst erstellt, ist dies anders. Für selbst erstelltes immaterielles Anlagevermögen besteht in Österreich ein Aktivierungsverbot (§ 197 Abs. 2 UGB, weitgehend analog § 4 Abs. 1 EStG). Das gilt auch dann, wenn die allgemeinen Aktivierungskriterien erfüllt sind. Dieses Aktivierungsverbot ist aber in Diskussion; nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen besteht bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen eine Aktivierungspflicht (IAS 38).
     

Der Grund für das gesetzliche Aktivierungsverbot liegt vor allem in der Einschränkung des großen Ermessensspielraums beim Ansatz immateriellen Anlagevermögens. Geht man davon aus, dass Unternehmen in guter wirtschaftlicher Situation eher dazu tendieren, wenig Gewinn auszuweisen, sind sie ohnehin bestrebt, dieses nicht anzusetzen. Und in einer schlechten wirt- schaftlichen Lage soll das Risiko einer unbegründeten Aktivierung vermieden werden. Es gibt allerdings legale Umgehungsmöglichkeiten des Aktivierungsverbots. Man braucht dazu nur ein zweites Unternehmen, das den immateriellen Gegenstand erstellt und an das gegenständliche Unternehmen verkauft. Dann handelt es sich um einen entgeltlich erworbenen Gegenstand, der aktivierungsfähig ist.

  • Ein Sonderfall liegt bei Unternehmenserwerben vor, bei denen das Unternehmen alle Gegenstände eines anderen Unternehmens im Wege einer Einzelrechtsnachfolge erwirbt. Meist bezahlt der Käufer für die Gesamtheit der übernommenen Gegenstände mehr, als er für jeden einzelnen Gegenstand zu zahlen bereit wäre. Die Differenz zwischen dem Entgelt und der Summe der Werte der einzelnen Vermögensgegen- stände und Schulden wird Firmenwert (Geschäftswert, Goodwill) genannt. Für einen erworbenen Firmenwert (derivativer Firmenwert) besteht eine Aktivierungspflicht. Er ist planmäßig über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben; kann diese nicht verlässlich geschätzt werden, ist der Firmenwert über 10 Jahre linear abzuschreiben (§ 203 Abs. 5 UGB). Steuerlich muss er hingegen über 15 Jahre abgeschrieben werden (§ 8 Abs. 3 EStG). Die Abschreibung eines Firmenwertes aus einer Beteiligung darf in einer Unternehmensgruppe steuerlich nicht vorgenommen werden. Im Konzernabschluss entstehen Firmenwerte im Rahmen der Erstkonsolidierung (siehe, insbesondere Kapitel 5.3.). Ein selbst erstellter (originärer) Firmenwert ist hingegen nicht aktivierungsfähig.
  • Weiter können bestimmte Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden, auch wenn sie keine Vermögensgegenstände bilden. Dabei handelt es sich um die Rechnungsabgrenzungsposten (Kapitel 4.8.) und um Bilanzierungshilfen. Als Bilanzierungshilfen werden oft Bilanzposten bezeichnet, die dazu dienen, bestimmte Aufwendungen in das Geschäftsjahr zu verschieben, in welches sie wirtschaftlich gehören, die aber keinen Vermögensgegenstandcharakter aufweisen.
    Zu den Bilanzierungshilfen werden idR aktive latente Steuern und ein derivativer Firmenwert gezählt.

  • Bewertungsgrundsätze - Bei der Bewertung ist von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, solange dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. Dieser Grundsatz ist das Going- concern-Prinzip oder Prinzip der Unternehmensfortführung (§201Abs2Z2UGB). Die Fortführung des Unternehmens kann niemals mit Sicherheit vorhergesagt werden. Für die Bewertung ist dies aber solange nicht relevant, als nicht mit sehr hoher Wahrscheinlich- keit von einer baldigen Auflösung des Unternehmens ausgegangen werden muss.

    Gemäß der materiellen Stetigkeit sind die auf den vorangegangenen Jahresabschluss angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden beizubehalten (§ 201 Abs 2 Z 1 UGB). Damit soll die inhaltliche Übereinstimmung eines gleich bezeichneten Postens über die Jahre sichergestellt werden. Eine betragsmäßige Änderung wäre andernfalls nicht unbedingt auf eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhaltes zurückführ- bar, sondern zB auf eine Änderung der Bewertungsmethode. Von diesem Grundsatz darf nur bei Vorliegen besonderer Umstände abgewichen werden, zB wenn sich die für die Bilanzierung und Bewertung maßgeblichen Verhältnisse so sehr geändert haben, dass sich andernfalls kein getreues Bild der Vermögens- oder Ertragslage ergibt (Kapital- gesellschaften haben dies im Anhang anzugeben; § 236 Z 1 UGB).

    Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung ist jeder Gegenstand einzeln, dh losgelöst von seinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit anderen Gegenständen im Betrieb, zu bewerten (§ 201 Abs 2 Z 3 UGB). Dieser Grundsatz ist nicht immer vollständig einhalt- bar, wenn zB eine außerplanmäßige Abschreibung von Anlagevermögen auf den niedri- geren Wert unter Bedachtnahme auf die Nutzungsmöglichkeit im Unternehmen erfolgt (§ 204 Abs 2 UGB). Dabei kommen vielfach Synergien mit anderen Gegenständen ins Spiel. Sachgesamtheiten aus mehreren zusammengehörenden Gegenständen werden als ein Vermögensgegenstand bewertet (zB Teile einer Maschine).

    Ausnahmen bestehen für bestimmte Gegenstände wie insbesondere Finanzanlagen und Vorratsvermögen in Form einer Gruppenbewertung (Sammelbewertung; § 209 Abs 2 UGB). Gleichartige (und idR auch gleichwertige) Gegenstände können zu einer Gruppe zusammengefasst und gemeinsam bewertet werden. Im Rahmen der Festbewertung (§ 209 Abs 1 UGB) wird für mehrere Gegenstände des Sachanlagevermögens oder der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ein gemeinsamer, gleich bleibender Wert angesetzt, wenn der Bestand der betreffenden Vermögensgegenstände in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt und unwe- sentlich ist. Zugänge werden sofort voll als Aufwand abgesetzt, Abgänge nicht berück- sichtigt. Nur im Falle erheblicher Abweichungen von der Realität ist der Festwert anzu- passen. Es ist jedoch mindestens alle fünf Jahre eine Inventur vorzunehmen. Diese Aus- nahmen sollen die Buchführung erleichtern.

    Die strikte Form des Einzelbewertungsgrundsatzes wird in letzter Zeit bei Fremdwäh- rungsforderungen und -verbindlichkeiten sowie bei Sicherungsgeschäften (Hedging) durchbrochen, um die Bilanzierung an den wirtschaftlichen Gehalt dieser Geschäfte an- zugleichen. Durch die Bildung von Bewertungseinheiten können Risiken, die sich aus- gleichen, bei der gemeinsamen Bewertung neutralisiert werden.

  • Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten bei Sicherungsgeschäften finden sich in der AFRAC-Stellungnahme 15, „Die unternehmensrechtliche Bilanzierung von Deriva- ten und Sicherungsinstrumenten“. Demnach müssen insbesondere die Eignung des Derivats als Sicherungsgeschäft zur Absicherung eines Grundgeschäfts oder eines Portfolios von Ge- schäften (Effektivitätstest) gegeben und Absicherungsbedarf und -strategie sowie Dokumenta- tionserfordernisse erfüllt sein. Des Weiteren ist sogar die Absicherung mit künftigen Cashflows zulässig, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten und unmittelbar kausal an das Derivat geknüpft sind.

    Beispiel - Eine Forderung in Höhe von $ 1.000 mit Stichtagskurs 1,1 wird über den Kauf einer Put-Option um 20 kursgesichert. Die Option sieht vor, dass das Unternehmen zum Ende der Laufzeit der Forderung $ 1.000 zum Kurs von 1,07 verkaufen kann. Damit ist der gemeinsame Wert der For- derung und der Option zumindest 1.070, und zwar unabhängig davon, wie tief der $-Kurs fällt.
    Würden die Forderung und die Option einzeln bewertet, ergäbe sich Folgendes: Angenommen, der Kurs sinkt auf 1,02. Dann müsste die Forderung von 1.100 auf 1.020 abgewertet werden. Der Wert der Option steigt vielleicht auf 30, dies dürfte aber nicht berücksichtigt werden. Dadurch ergäbe sich ein buchmäßiger Verlust von 80. Die gemeinsame Bewertung bewirkt in diesem Fall, dass sich als Wertuntergrenze der Forderung 1.070 abzüglich des Wertes der Option (die im Falle der Ausübung keinen eigenen Wert mehr besitzt) von 30, das sind zusammen 1.040, ergibt.

 

GOB: Grundsatz der Vorsicht

Der Grundsatz der Vorsicht wird in § 201 Abs. 2 Z 4 UGB relativ weit definiert: Er umfasst danach das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip.

Beide Prinzipien enthalten Konventionen darüber, zu welchem Zeitpunkt Aufwendungen und Erträge in die Bücher aufzunehmen sind.

Das Realisationsprinzip regelt den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung als den Zeitpunkt der Verwirklichung der zugrunde liegenden Leistung. Ein Gewinn gilt dann als realisiert, wenn die Lieferung oder Leistung vertragsgemäß erbracht wurde und abgerechnet werden kann. Das ist im Regelfall mit der Übergabe an den Kunden der Fall, wenn die Leistung den Verfügungsbereich des Unternehmens verlassen hat. Dies schließt nicht aus, dass später noch Mängel auftauchen, die zu einer Rückgabe oder Ähnlichem führen. Abbildung 3.2 zeigt für einen Kundenauftrag die wesentlichen Ereignisse in zeitlicher Abfolge. Die Gewinnrealisierung erfolgt im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstandes an den Kunden, nicht etwa bei Fakturierung bzw. Aussenden der Rechnung.
Dann wird der Umsatz (zum Absatzpreis) als Ertrag verbucht. Ertragsbuchungen ergeben sich aber auch schon vorher, wenn sich der Bestand an Fertigerzeugnissen erhöht; jedoch darf dadurch kein Gewinn realisiert werden, es werden nur die zugerechneten Aufwendungen durch eine Ertragsbuchung neutralisiert.

Im Gegensatz zu den Gewinnen müssen vorhersehbare Verluste und Risiken bereits vor ihrer Realisierung berücksichtigt werden.

GoBil: Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung

Für die Erstellung des Jahresabschlusses ist auch die Bilanz für alle Bilanzierungspflichtgen Unternehmen verbindlich. Dabei sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung zu beachten. 

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